Karten von Planetenoberflächen, Vermessung von Oberflächendetails
Mit dem Programm MapMaker lassen sich aus Aufnahmen eines Planeten Karten seiner Oberfläche erstellen. Dies ist insbesondere für die Planeten Mars und Jupiter, auf denen man bereits mit kleinen Instrumenten Oberflächendetails beobachten und mittels digitaler Photographie im Bild festhalten kann, sehr lohnend und aufschlußreich. Unter günstigen Bedingungen lassen sich auch auf dem Planeten Merkur Albedoformationen abbilden, und sogar auf der Venus sind manchmal bei Verwendung eines UV- oder dunklen Blaufilters Wolkendetails erkennbar. Das ursprüngliche Bild wird hierbei in das durch die jeweilige planetographische Länge und Breite definierte Koordinatensystem projiziert. Im Prinzip lassen sich mit MapMaker auch eingescannte Planetenzeichnungen zu Karten verarbeiten; Voraussetzung ist hierbei lediglich ein schwarzer Hintergrund. Das Zusammensetzen von mehreren Kartenbildern zu einer Gesamtkarte muß derzeit noch manuell mit einem beliebigen Bildbearbeitungsprogramm erfolgen.
In der aktuellen Version des Programms MapMaker ist es noch nicht möglich, Planetenscheibchen zu vermessen, deren Beleuchtungsgrad stark von 100% abweicht und die somit einen deutlichen Phaseneffekt zeigen. Dies gilt stets für Merkur und Venus sowie insbesondere außerdem für Mars längere Zeit vor oder nach der Opposition. Das in der aktuellen MapMaker-Version implementierte recht einfache Verfahren, das den Rand des Planetenscheibchens automatisch ermittelt, ist für unvollständig beleuchtete Planetenscheibchen nicht geeignet. Als Provisorium habe ich das Programm MapMaker_Phase erstellt (ist in der Download-Datei ebenfalls enthalten), das Mittelpunkt und Größe des Planetenscheibchens halbautomatisch ermittelt. In einer zukünftigen Version werde ich ein Verfahren implementieren, das auch bei deutlichem Beleuchtungsdefizit den Mittelpunkt und die Größe des Scheibchens automatisch bestimmt. Das Programm MapMaker_Phase_Polar (ist ebenfalls in der Download-Datei enthalten) arbeitet in analoger Weise, es erstellt jedoch eine Projektion der nördlichen oder südlichen Polarregion des Planeten mit dem jeweiligen Pol als Mittelpunkt; dies ist insbesondere sinnvoll zur Darstellung der Polkappen des Planeten Mars.
Die Programme liegen als 32-Bit-Windows-.EXE-Dateien zum Start in der MS-DOS-Box unter allen 32-Bit-Windows-Systemen sowie als ANSI-C-Quellcode vor, der sich mit jedem beliebigen ANSI-C-Compiler unter jeder Plattform als Kommandozeilenanwendung compilieren lassen müßte. Getestet habe ich dies unter Windows mit Borland C++ 5.0 und Microsoft Visual C++ 6.0 und unter Linux mit dem gcc-Compiler. Die Programme sind Public Domain und dürfen beliebig heruntergeladen, weitergegeben und verändert werden; ich wäre allerdings dankbar, wenn die Herkunft des Codes dann entsprechend kenntlich gemacht würde.
Download
MapMaker 1.2, MapMaker_Phase 1.3, MapMaker_Phase_Polar 1.2
MapMaker: Voll beleuchtetes Planetenscheibchen
Der Aufruf des Programms MapMaker geschieht in folgender Weise:
MapMaker <IMGFILE> <MAPFILE> <CM> <B0> <XLO> <YLO> <XLW> <YLW> <ITHR> <DELTA> <GPP> <BETA>
IMGFILE
Name der Original-Bilddatei, die im unter UNIX sehr gebräuchlichen
PPM-Format vorliegen muß; unter Windows lassen sich PPM-Bilder mit
der kommerziellen Software PaintShop oder mit der sehr leistungsfähigen
freien Software IrfanView laden,
darstellen und in eine Vielzahl anderer Bildformate konvertieren. Das PPM-Format
wurde gewählt, weil es sehr einfach ist und so der Quelltext des Programms
kompakt und übersichtlich bleibt. Auf dem Bild darf nur ein einziges
Planetenscheibchen zu sehen sein; das Programm setzt weiterhin voraus,
daß der Planet so orientiert ist, daß sein Nordpol ganz grob
nach oben zeigt.
MAPFILE
Name der zu speichernden Karten-Datei, die im PPM-Format erzeugt wird.
Die Karte wird in Zylinderprojektion dargestellt.
CM
Zentralmeridian in Grad; das ist die Länge desjenigen Längengrades,
der sich zum Aufnahmezeitpunkt in der Mitte des Planetenscheibchens befindet.
Er ist für die Planeten Mars und Jupiter in astronomischen Jahrbüchern
wie z. B. dem "Himmelsjahr" verzeichnet oder kann mit dem JPL
Ephemeris Generator berechnet werden (Parameter Ob-lon).
B0
Neigung der Äquatorebene des Planeten zur Sichtlinie in Grad.
Auch dieser Wert ist in Jahrbüchern zu finden oder kann mit dem JPL
Ephemeris Generator berechnet werden (negativer Wert des Parameters
Ob-lat).
XLO, YLO
Pixel-Koordinaten des östlichen (rechten) Planetenrandes gemäß
untenstehender Abbildung.
YLW, YLW
Pixel-Koordinaten des westlichen (linken) Planetenrandes gemäß
untenstehender Abbildung. XLO, YLO, XLW und YLW dienen nicht zur Bestimmung
der Größe des Planetenscheibchens im Bild (diese erfolgt automatisch),
sondern lediglich zur Bestimmung des Positionswinkels.
ITHR
Helligkeits-Schwellwert, der besagt, ab welcher Intensität ein
Pixel zum Planeten gehört. Sinnvolle Werte liegen bei PPM-Bildern
mit 8 Bit pro Farbebene zwischen 10 und 30.
DELTA
Maximaler Winkel zwischen Sichtlinie und Planetenoberfläche in
Grad. Werte zwischen 0° und 90° sind möglich, sinnvolle Werte
liegen zwischen 60° und 80°, je nachdem, wie gut der Randbereich
des Planetenscheibchens im Bild wiedergegeben ist.
GPP
Maßstab der Karte in Grad pro Pixel des Kartenbildes. Für
meine mit einem relativ kleinen Instrument erhaltenen Bilder verwende ich
im allgemeinen den Wert 1, was das Umrechnen von Pixel- in Grad-Koordinaten
sehr vereinfacht. Bei höher aufgelösten Bildern sind je nach
Bildqualität Werte bis 0.5 möglich. Die Karte wird in einer Zylinderprojektion
erzeugt, in der der Maßstab horizontal und vertikal gleich ist und
GPP Längen- bzw. Breitengrade pro Pixel beträgt. Am Jupiter-Äquator
entspricht beispielsweise ein Längen- bzw. Breitengrad einer Strecke
von etwa 1220 km.
BETA
Randverdunkelungskoeffizient. Es wird die für die Sonne gültige
Beziehung I(q) / I(0) = (1 + BETA cos q)
/ (1 + BETA) angesetzt mit q als Winkel zwischen
Sichtlinie und Normale zur Planetenoberfläche - mir ist hierbei bewußt,
daß der physikalische Mechanismus, der die Randverdunkelung bewirkt,
beim Planeten Jupiter wohl ein anderer ist als bei der Sonne: Jupiters
Wolkenschichten haben eine Lambert-ähnliche Reflexionscharakteristik
(die Reflexion nimmt allerdings schwächer ab als ~ cos q,
denn sonst wäre der Rand des Jupiterscheibchens völlig dunkel),
während man bei der Sonne am Rand auf höhere, kühlere und
daher schwächer strahlende Atmosphärenschichten blickt. BETA
= 0 bedeutet das Fehlen von Randverdunkelung, was beim Planeten Mars in
erster Näherung der Fall ist. Der beste Wert, der zu einer gleichmäßigen
Helligkeit des Kartenbildes führt, ist durch Ausprobieren zu
ermitteln. In den hier angegebenen Jupiter-Beispielen wurde BETA = 1.6
verwendet.
Beim Aufruf des Programms ohne Parameter erscheint eine kurze englischsprachige Hilfe, die die Übergabeparameter beschreibt.
Zum Testen ist das in der heruntergeladenen ZIP-Datei enthaltene Bild jupiter.ppm in dasselbe Verzeichnis wie die ausführbare Datei mapmaker.exe zu kopieren und das Programm dann in folgender Weise zu starten:
mapmaker jupiter.ppm map.ppm 129.4 0 188 227 108 277 20 55 1 1.6
Nach einigen Zehntelsekunden ist das Kartenbild map.ppm erzeugt, das folgendermaßen aussieht:
Norden zeigt nach oben, Osten nach rechts, der Äquator liegt waagerecht bei y = 90, und der Nullmeridian befindet sich am rechten Rand der Karte. Die jovigraphische Länge steigt von rechts nach links an. Der Große Rote Fleck (GRF) befindet sich etwa bei x = 272 und y = 111, was bei dem gewählten Maßstab von 1° pro Pixel den jovigraphischen Koordinaten l = 88° und b = -21° im System II entspricht.
MapMaker_Phase: Berücksichtigung eines Beleuchtungsdefizits (Phase)
Das Programm MapMaker_Phase ermittelt halbautomatisch Mittelpunkt und Größe des Planetenscheibchens. Hierzu wird statt des östlichen und westlichen Randes (XLO, YLO, XLW, YLW) der nördliche und südliche Rand des Scheibchens durch den Benutzer angegeben (Parameter XLN, YLN, XLS, YLS; 5., 6., 7. und 8. Programmparameter, vgl. Abbildung).
Beim Aufruf des Programms MapMaker_Phase ohne Parameter erscheint eine kurze englischsprachige Hilfe, die die Übergabeparameter beschreibt. Zum Testen ist das in der heruntergeladenen ZIP-Datei enthaltene Bild mars.ppm in dasselbe Verzeichnis wie die ausführbare Datei mapmaker_phase.exe zu kopieren und das Programm dann in folgender Weise zu starten:
mapmaker_phase mars.ppm map.ppm 316.7 21 50 25 59 75 20 70 1.5 0
Das resultierende Kartenbild sieht folgendermaßen aus:
Die Skalierung dieses Kartenbildes wurde aufgrund des kleinen Marsscheibchens auf 1.5 Längen-/Breitengrade pro Pixel gesetzt. Norden zeigt nach oben, Osten nach rechts, der Äquator liegt waagerecht in der Bildmitte, und der Nullmeridian befindet sich am rechten Rand der Karte. Die areographische Länge steigt von rechts nach links an.
MapMaker_Phase_Polar: Darstellung von Polarregionen
Zur Erzeugung einer Darstellung des Planetenpols dient das von MapMaker_Phase abgeleitete Programm MapMaker_Phase_Polar. Zwischen den Parametern ITHR und DELTA sind hier die folgenden zusätzlichen Parameter hinzuzufügen:
N/S
Bei N oder n wird der Nordpol des Planeten, bei S
oder s der Südpol dargestellt.
MIN_BETA
Grenze des darzustellenden Breiten-Bereichs (in Grad).
Das Programm ist in folgender Weise zu starten:
mapmaker_phase_polar mars.ppm map.ppm 316.7 21 50 25 59 75 20 S 50 70 1.0 0
Das resultierende Kartenbild sieht folgendermaßen aus:
Der Pol ist grün markiert, der Bildmaßstab (in Grad pro Pixel) entspricht einheitlich über das gesamte Bildfeld dem verwendeten Wert von GPP. Der Nullmeridian verläuft waagerecht vom Pol zum rechten Bildrand.
Mit MapMaker erhaltene Ergebnisse
Weitere mit MapMaker, MapMaker_Phase und MapMaker_Phase_Polar berechnete Kartendarstellungen sowie anhanddessen durchgeführte Messungen der Position und Ausdehnung von Bilddetails in planetographischen Koordinaten sind bei meinen Beobachtungen der Planeten Jupiter, Mars und Merkur zu finden.
Besonders interessant ist beim Planeten Mars der Vergleich meiner mit der Software MapMaker_Phase in die Zylinderprojektion transformierten CCD-Aufnahmen der Staub-Aktivität im Hellas-Gebiet im roten und nahinfraroten Spektralbereich mit den Messungen des Mars Global Surveyor Orbiter im thermischen Infrarot. Des weiteren habe ich mit der Software MapMaker_Phase_Polar eine Bildsequenz erzeugt, die das Abschmelzen der südlichen Polkappe des Mars dokumentiert.
Links
Umfassende Positionsdaten zu Tausenden von Wolkendetails auf dem Planeten Jupiter, die in den vergangenen mehr als 200 Jahren beobachtet wurden, sind unter http://www.jupos.org zu finden.